„Treffen sich ein Mörder, der Gott des Todes und der Teufel auf der Straße…“
Aus Belial – Götterkrieg, S.280
Seit Anne Rice und „Memnoch the Devil“ frage ich mich, warum der Teufel als literarische Figur mich so sehr fasziniert. Schließlich glaube ich nicht an ihn. Vielleicht ist es meine Sehnsucht nach einer Erklärung, warum es das Böse in der Welt gibt. Oder vielmehr: Meine Sehnsucht nach einem Happy End trotz alledem.
Julia Dippels Belial-Dilogie folgt auf die Izara-Serie bzw. schließt die Handlung der ersten vier Bände zeitlich ein. Das Lesen hat mir großen Spaß gemacht, denn: Da sagt der Teufel von sich, er habe das Christentum erfunden. Ich weiß ja, dass es nicht so ist, denn den Teufel gibt es nicht, aber – wenn er so wäre wie Bel… Sagen wir so: Ich finde es erzählerisch reizvoll, Grimms Märchen und die Bibel sozusagen auf den gleichen Ursprung zurückzuführen. Gerade, weil es natürlich nicht so war. Der Life-of-Brian-Effekt: Einmal gegen den Strich gebürstet kann sehr erfrischend wirken und überraschende Erkenntnisse liefern.
Grim ist übrigens mein Lieblingscharakter in diesen Büchern! Allein für sie lohnt sich das Lesen.
Bel, der Held der Geschichte, ist ein uralter Primus mit einem übergroßen Ego. Um seinem Erzfeind Ianus, dem „Schrecken von Rom“, eins auszuwischen, hat er eine neue Sekte gegründet, die bald die alte römische Religion in den Schatten stellen wird.
Primus sind – in der Welt von Izara – Dämonen, die von Gefühlen leben. Es gibt solche wie Bel, der zwar eingebildet und selbstverliebt ist, aber auf seine Weise die Menschen respektiert. Und dann gibt es solche wie Ianus, die sich darauf spezialisiert haben, andere leiden zu sehen, vorzugsweise diejenigen, die sich nicht wehren können.
Die Geschichte ist einfach und geradlinig erzählt, und doch komplex. Meisterhaft darin eingewoben die Atmosphäre des antiken Rom. Kleine Details wie der Spruch an der Zimmerdecke: „Ne oblita sis, quomodo pro quamdiu!“ – „Vergiss nicht, dass das ‚Wie‘ wichtiger ist als das ‚Wie lang‘“ – tauchen wie zufällig auf, transportieren dann aber eine Botschaft durch beide Bände hindurch. Cassia, die mutig und ganz alleine einen ihr haushoch überlegenen Gegner angeht, einfach nur weil sie ihrem Gerechtigkeitsempfinden folgt. Bel, der sich vom egoistischen Schnösel zum Liebenden entwickelt.
Julia Dippel gelingt es in den beiden Belial-Bänden, Klischees von Gut und Böse auf den Kopf zu stellen, noch viel mehr als in den vorhergehenden Bänden der Izara-Serie. Während ich die Geschichte um Lucian und Ari teilweise sehr actionlastig finde, kommen bei Belial die leisen Töne zum Tragen, und der Sog der Geschichte wirkt gerade dadurch viel stärker.
Durch die Frage nach dem Umgang mit Schuld und Verrat zum Beispiel. Bel zerbricht das Vertrauen des Mädchens Cassia, zerstört durch sein Handeln beinahe ihren Verstand – und ist dann zu allem bereit, damit sie ihm vergibt.
Und durch die Frage nach den Grenzen der Macht. Tristan, der tot geglaubte Bruder von Ari, überschreitet alle Grenzen, weil er es kann. Bel, der selbst um ein Haar gescheitert wäre, warnt ihn davor, aber ohne Erfolg.
Apropos Tristan: Ich wette, da kommt noch mehr! Aber mit Bel würde ich ganz bestimmt keine Wette abschließen. Das führt zu Chaos und unvorhersehbaren Brandschäden…